Time is Brain: Wiener Gesundheitsverbund versorgt 80 % der Schlaganfall-Patient*innen in Wien
Rund 5.000 Menschen in Wien erleiden pro Jahr einen Schlaganfall. Besonders betroffen sind ältere Menschen. Um den steigenden Bedarf auch in Zukunft zu decken, entwickelt der Wiener Gesundheitsverbund (WIGEV) neue innovative Konzepte in der Versorgung von Schlaganfällen.
Bis heute ist ein Schlaganfall eine der Hauptursachen für bleibende Behinderung und Tod im Erwachsenenalter. „Um das zu verhindern“, erläutert Prof.in Elisabeth Fertl, Vorständin der Neurologischen Abteilung der Klinik Landstraße, „ist schnelle Versorgung entscheidend. Andernfalls drohen bleibende neurologische Schäden wie Lähmungen oder der Verlust der Sprechfähigkeit“.
Time is brain – jede Minute zählt
Die Schlaganfallversorgung in Wien ist komplex aufgebaut. Es wirken viele Berufsgruppen und Spitäler mit. „Grundsätzlich gibt es drei Säulen der Akutbehandlung“, erläutert Fertl: „Aufnahme auf einer Stroke Unit, die systemische Thrombolyse und für einen Teil der Patient*innen die zerebrale Thrombektomie“. „Auf den Stroke Units“, so die Neurologin weiter, „erfolgt die systemische Thrombolyse zur Gefäßeröffnung sowie ein kontinuierliches Monitoring der Vitalparameter. Pflegekräfte, Ärzt*innen und Therapeut*innen versorgen Schlaganfall-Patient*innen fächerübergreifend. Der Vorteil: Folgeschäden und Komplikationen werden so zeitnah erkannt und behandelt. „In den Zentren für zerebrale Thrombektomie, eines davon befindet sich in der Klinik Landstraße, eröffnen interventionelle Radiolog*innen minimalinvasiv – also ohne eine große Operation – akute Gefäß-Verschlüsse des Gehirns“, ergänzt Priv.-Doz. Rüdiger Schernthaner, Vorstand des Zentralen Radiologie Instituts der Klinik Landstraße. Mit sieben Stroke Units, 40 Spezial-Betten sowie zwei Zentren für zerebrale Thrombektomie übernimmt der WIGEV – inklusive des AKHs – rund 80 % der Schlaganfall-Versorgung in Wien.
WIGEV verbessert Schlaganfallversorgung in Wien
Schon heute hat Wien rund zwei Millionen Einwohner*innen – Tendenz weiter steigend. Damit erhöht sich auch der Anteil an älteren Menschen – und damit das Risiko für einen Schlaganfall. Mit Blick auf die sich verändernden Bedürfnisse der Menschen entwickelt der WIGEV – unter Projektleitung von Fertl – neue innovative Konzepte in der Schlaganfall-Versorgung. „Unser Ziel ist es, auch in Zukunft die bestmögliche Versorgung unter Berücksichtigung des Bedarfs und der medizinischen Fortschritte zu bieten“, erklärt die Neurologin.
Schlaganfall-Abklärung der Zukunft
Um wichtige Zeit zu sparen, könnten Mobile Stroke-Units eingeführt werden. Das sind Rettungswagen, die technisch und personell speziell auf die Versorgung von Schlaganfall-Patient*innen ausgerichtet sind. „Der Vorteil ist“, erklärt Fertl, „dass die notwendige Erstdiagnostik für weitere Behandlungsentscheidungen bereits am Auffindungsort der Betroffenen stattfindet. Gehirnerhaltende Maßnahmen werden so sehr früh gesetzt“. Zudem ist eine sehr frühe Patient*innensteuerung möglich. Das heißt, schon im Rettungswagen werden Patient*innen nach dem akutmedizinischen Bedarf eingeordnet und dann in die passende Klinik gebracht. Dies könnte die bestehende Schlaganfall-Spitzenmedizin weiter verbessern.
Künstliche Intelligenz in der Versorgung von Schlaganfällen
Die Interventionelle Radiologie hat in den vergangenen Jahren große Fortschritte hinsichtlich der Behandlung von Schlaganfall-Patient*innen gemacht. „Haben wir initial nur relativ große und zentral gelegene Blutgerinnsel aus den Hirngefäßen entfernen können“, legt Schernthaner dar, „so entfernen wir heute durch immer feinere Instrumente auch immer kleinere Gerinnsel aus dem Gehirn. Diese Eingriffe waren vor 10 Jahren noch nicht möglich“. Aber auch im Bereich der bildgebenden Diagnostik entwickelt sich die Medizin rasch weiter. „Der nächste große Schritt“, da ist sich der Experte sicher, „wird der Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) in der diagnostischen Abklärung von Schlaganfall-Patient*innen sein“. Schon jetzt unterstützt KI bei der Diagnostik einfacher Krankheitsbilder unterstützen. „Bei zeitkritischen Erkrankungen wie Schlaganfällen und Hirnblutungen kann die KI aber nicht nur die Diagnostik beschleunigen“, legt der Radiologe dar, „sondern kann anhand der Bildgebung des Gehirns die optimale Behandlungs-Strategie für jede einzelne Patient*in identifizieren“. Dennoch wird die ärztliche Kompetenz auch in Zukunft unerlässlich bleiben. Denn die Durchblutung des Gehirns ist sehr komplex. Zudem haben viele Schlaganfall-Patient*innen Vorerkrankungen aufgrund derer Ärzt*innen oftmals unter Zeitdruck individuelle Entscheidungen treffen müssen.