FGM-Ambulanz hilft Betroffenen
Gemeinsam gegen Genitalverstümmelung
Genitalverstümmelung oder englisch Female Genital Mutilation (FGM) ist in vielen Ländern weit verbreitet – bis heute. Unter anderem wird sie in Somalia, Eritrea, Guinea, dem Sudan aber auch Ägypten praktiziert. Um ein Zeichen dagegen zu setzen, haben die Vereinten Nationen den 6. Februar zum Internationalen Tag gegen weibliche Genitalverstümmelung erklärt.
Wichtige Anlaufstelle
Rund 60 Patientinnen werden pro Jahr in der FGM-Ambulanz an der Klinik Landstraße behandelt und betreut. Damit ist die Ambulanz eine wichtige Anlaufstelle für Betroffene in Wien. „Wir sind für die Frauen da – mit all ihren Anliegen“, erklärt Dr.in Birgit Anker, die Leiterin der Ambulanz. Drei Ärztinnen kümmern sich umfassend um gynäkologische und geburtshilfliche Themen. Bei Bedarf auch mit Unterstützung von Dolmetscher*innen. Einige Patientinnen kommen mit einer Zuweisung, andere über die Schwangeren Ambulanz oder direkt über ihre Community. „Teilweise wissen die Frauen nicht sicher, ob sie beschnitten wurden“, erklärt Anker. „Aus Schamgefühl trauen sie sich aber auch nicht nachzuschauen“.
Für die Mädchen und Frauen hat die Genitalverstümmelung lebenslang schwere Folgen. „Einige Frauen können keinen Sex haben“, berichtet Anker, „andere werden zwar normal schwanger, haben aber aufgrund des narbigen Gewebes ein erhöhtes Risiko für Geburtsverletzungen“. Dazu kommt bei vielen eine schwere Traumatisierung aufgrund derer sie körperlich vielleicht eine Geburt schaffen könnten, psychisch dazu aber nicht in der Lage sind“. In der FGM Ambulanz in der Klinik Landstraße finden sie alle kompetente Hilfe.
Bei einer Genitalverstümmelung wird die Klitoris teilweise oder vollständig entfernt. In besonders extremen Fällen wird die Vagina zugenäht und es wird lediglich eine kleine Öffnung gelassen. Die Eingriffe führen traditionelle Beschneiderinnen durch. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen sind allein hierzulande rund 8.000 Frauen von Genitalverstümmelung betroffen. Die FGM-Eingriffe werden alle im Ausland durchgeführt – die Mädchen sind dabei in der Regel zwischen neun und zwölf Jahren alt. In Österreich ist Genitalverstümmlung strafbar. Dennoch kommt es immer wieder vor, das Mädchen auf einer Reise ins Heimatland verstümmelt werden.
Gespräche gegen Gewalt
Oft beginnen die Begegnungen in der Ambulanz mit langen Gesprächen. „Wir nehmen uns Zeit für jede einzelne Patientin“, so Anker „und bieten umfassend Hilfestellung – auch für andere medizinische Probleme“. Die meisten Patientinnen sind zwischen 12 und 25 Jahre alt. Die medizinische Betreuung und Behandlung erfolgt in der Ambulanz, die psychologische Betreuung übernimmt das FEM Süd an der Klinik Favoriten.
Einbeziehung der Männer
Um Gewalttaten in Zukunft vorzubeugen, ist Informations- und Bewusstseinsarbeit in der betreffenden Community wesentlich. In der Ambulanz sprechen die Ärztinnen deshalb grundsätzlich auch mit den Partnern und Vätern. Denn so weiß Anker aus Erfahrung, „oft ist ihnen die Problematik nicht bewusst. Haben wir sie aufgeklärt, sind sie meist auf unserer Seite und wollen nicht, dass ihre Frau oder Tochter leidet“.
Wiener Gesundheitsverbund hat Vorreiterstellung
Durch die FGM-Ambulanzen an den Kliniken Landstraße und Ottakring sowie durch die Arbeit des FEM SÜD ist die Versorgungslage für die Betroffenen in Wien sehr gut. Damit nimmt der Wiener Gesundheitsverbund nicht nur in Österreich, sondern auch in Europa eine Vorreiterstellung ein.